Die Geschichte der FF Hitzacker - 1910-1929
Am 20. November im Jahre 1910 gründeten verantwortungsvolle Bürger unserer Stadt die Freiwillige Feuerwehr Hitzacker, um das Leben und Eigentum ihrer Mitbürger schützen zu können. Zwecks der Gründung wurde damals eine Versammlung im “Stahlbockschen Lokal” (jetzt "Bürgerstube”) einberufen, zu welcher 35 Bürger erschienen.
Den Vorsitz führte der Bürgermeister Hüpeden. Nach kurzer Debatte wurde beschlossen, eine Wehr zu gründen. Die Mittel hierzu (Uniformen und sonstiges) waren vom Stadt-Colleg schon bewilligt worden. Zum Hauptmann wurde der Malermeister Emil Busse gewählt, sein Stellvertreter wurde der Kaufmann Gustav Thorey, welcher auch das Handschriftliche Protokoll dieser Versammlung anfertigte, welches heute noch im Original vorliegt. Weitere Beschlüsse und mit ihnen die Festlegung der Statuten wurden für die zweite Versammlung vereinbart.
Am 05.02.1911 fand die zweite Versammlung der jungen Feuerwehr im “Winkelmannschen Lokal” statt.
Als Chargierte wurden gewählt: Der Schuhmacher H. Peters zum Spritzenführer, der Fuhrunternehmer August Möhle und der Töpfermeister Friedrich Wäber zu Zugführern, sowie der Maurermeister Wilhelm Bartels zum Obersteiger. Es wurde ein Jahresbeitrag von 2,-- Mark vereinbart und das Kommando wurde ermächtigt sämtliche Feuerwehrleute in eine Unfallversicherung aufnehmen zu lassen. Und kurz darauf musste die neugegründete Feuerwehr auch schon zu Einsätzen ausrücken:
25.08. zu einem Waldbrand in Tiesmesland,
27.08. Waldbrand gräflicher Forst,
01.09. Schadenfeuer Mühle Bahrendorf,
03.09. Waldbrand Leitstade,
18.09. zu einem Schadenfeuer nach Tripkau, jenseits der Elbe.
Hintergrundinfo:
Man setzte zu damaliger Zeit so genannte Steiger – alles Turner – mit neuartigen Hakenleitern ein, die die Dächer der umliegenden Gebäude erstiegen, um den Brand abzuriegeln und von den Dächern aus zu bekämpfen. Die Brandbekämpfung war durch den Einsatz der Steiger aus ihrer Beschränkung auf die Verteidigung herausgetreten und hatte die Angriffsfähigkeit gewonnen.
Um auf sich aufmerksam zu machen wurde 1912 eine Glocke für die Spritze angeschafft. Sonstiges ist in diesem Jahr nicht aufgezeichnet worden.
Im Jahre 1913 finden sich lediglich folgende Einträge zu absolvierten Einsätzen:
12.06. ein Scheunenbrand beim Zimmermeister Brusch in Marwedel
Am 17.08. brannte das Wohnhaus des Schlossermeisters Rabe.
Im Jahr 1914 wurde das Kommando wie folgt verändert: Friedrich Wäber war nicht mehr 2. Zugführer und diese Funktion wurde nicht neu besetzt.
Am 01.08. fand die Generalmobilmachung zum 1. Weltkrieg statt. 13 Kameraden der Wehr sind hiervon betroffen und werden am Krieg teilnehmen.
In den folgenden Jahren, in welchen der 1.Weltkrieg stattfand, wurden keine Versammlungen der Feuerwehr abgehalten.
Dennoch sind auch Einsätze zu verzeichnen gewesen:
01.08. 1915 brannte, nachdem dort schon zwei Jahre zuvor die Scheune niederbrannte, nun das Wohnhaus des Zimmermeisters Brusch in Marwedel.
Tags drauf, am 02.08. brannte das Wohnhaus des Bauern Köster in Marwedel.
1916 bis 1918
In diesen Jahren des 1.Weltkrieges fanden keine Versammlungen statt, und es wurden auch keine weiteren Aufzeichnungen gemacht.
Aus dem Jahre 1917 datiert aber der erste im Bild festgehaltene Brand. (Hauptstraße in Hitzacker; wo sich heute die Sparkasse befindet.)
1919 wurde das Spritzenhaus am Langenberg, mit elektrischem Licht ausgestattet.
Am 18.06.1919 fand die erste Versammlung nach dem Kriege statt.
Hier wird berichtet, das von 13 Mitgliedern welche am Krieg teilnahmen, einer Gefallen ist.
Durchgeführte Wahlen haben das bestehende Kommando geschlossen in ihren Ämtern bestätigt.
Hintergrundinfo:
Es existieren Fotografien aus jener Zeit, auf welchen ein Schlauchturm, wie seinerzeit üblich war, in der Drawehnertorstraße 19 zu erkennen ist.(Heute ehemals “Ihr Platz”)
Offensichtlich befand sich das Spritzenhaus damals tatsächlich auf den Grundstücken Drawehnertorstraße 17-19, also am Fuße des Langenbergs. Die heutige Bausubstanz stützt aufgrund der Mutmaßlichen Baujahre diese Annahme.
1920
Keine Einträge in den Büchern der Wehr.
Auf einer außerordentlichen Generalversammlung am 01.03. 1921 wurde Carl Ludolphs zum Hauptmann gewählt, alle anderen Posten bleiben unverändert.
Am 30.03. wurde auf der nächsten Versammlung wird folgende Regel eingeführt:
Wer zu Übungen nicht erscheint, muss sich beim Kommando entschuldigen, wer 3x unentschuldigt fehlt, wird aus der Wehr ausgeschlossen.
Im Jahr 1922 ist der ehemals Stellvertretende Hauptmann und Schriftführer Gustav Thorey aus Hitzacker verzogen. Bei der daraus resultierenden Wahl wurde Wilhelm Bartels zum stellvertretendem Hauptmann, Emil Winkelmann zum Obersteiger und Hermann Vick zum Schriftführer gewählt.
Auch sind in diesem Jahr wieder Einsätze dokumentiert worden:
24.03. Einsatz bei einem Großfeuer im Lokal Hannover in Dannenberg,
29.07. Schadenfeuer in Predöhl
Und im November, am Tag vor Bußtag, wird von einem Einsatz "Bei dem großen Eisenbahnunglück in Seerau" berichtet. (Weiteres zu diesem Unglück ist derzeit nicht bekannt)
Die Inflation lässt sich auch im den Aufzeichnungen der Wehr erkennen.
Am 30.04. 1923 wird auf Antrag des Hauptmanns, einstimmig beschlossen das künftig Mitglieder welche bei Übungen unentschuldigt fehlen, mit 1000,-- Mark Geldstrafe belegt werden.
Folgende Einsätze wurden für 1924 verzeichnet:
10.03. Schadenfeuer bei Gastwirt Meyer, welches am 17.03. auf einer Versammlung Thema wurde:
Der Wehrführer beklagte, das es dort zu lange gedauert hätte, die Spritze in Stellung zu bringen.
Im August, Brandbekämpfung in Pisselberg, wobei hier weder genauere Angaben zum Brandobjekt gemacht werden noch das genaue Datum genannt wird.
17.11. Gebäudebrand bei Bauer Predöhl in Penkefitz
21.11. Scheunenbrand in Dannenberg
16.12. Schadenfeuer im alten Dierkschen Hauses am Kranplatz, welches nach anderthalb Stündiger Tätigkeit gelöscht werden könnte.
Im Jahre 1924 ist auch erstmals eine Prämie, in Höhe von 25,-- Mark, von der Landschaftlichen Brandkasse erwähnt worden.
(Wobei hier Inflationsbedingt Zweifel an der Zeitlichen Zuordnung des Eintrages bestehen und unklar bleibt welche "Mark" genau gemeint ist, da die Hyperinflation erst Ende des Jahres durch Einführung der "Rentenmark" bereinigt wurde)
Hintergrundinfo:
Die deutsche Inflation von 1914 bis November 1923 war eine der radikalsten Geldentwertungen in großen Industrienationen. Die Vorgeschichte dieser Hyperinflation findet sich in der Finanzierung des Ersten Weltkrieges.
1925 äußerten die Kameraden den Wunsch nach einer motorbetriebenen Spritze.
Es sind folgende Einträge zu Einsätzen vorhanden:
18.01. Schadenfeuer beim Schiffer Riechen in Bitter.
28.02. Gebäudebrand beim Vorbesitzer Dempewolff in Niendorf, wo 29 Kameraden von 7:00-15:00 Uhr im Einsatz waren.
24.06. Bannöhr in Rassau
11.06. Sommer in Pussade
16.07. Griebe-Fabel in Caarßen
21.10. Scheunenbrand bei Niemeitz in Dannenberg
20.11. Schiffsbrand auf der Elbe, in Höhe Penkefitz
13.12. Schornsteinbrand im Alten Zollhaus
23.12. Gebäudebrand beim Gastwirt Maatsch in Dannenberg.
Durch das altersbedingte Ausscheiden von Zugführer August Möhle wurde Emil Winkelmann zum Zugführer gewählt.
Da Winkelmann vorher Obersteiger war, folgte in dieser Funktion August Eilenburg, welcher von Wilhelm Knigge im Amt vertreten wurde.
Wilhelm Bartels wurde als Stellvertretender Hauptmann bestätigt.
Dem scheidenden Zugführer August Möhle wird vom Hauptmann Ludolphs für seine großen Verdienste in der Feuerwehr bedankt.
Als besondere Anerkennung wird August Möhle zum 1. Ehrenmitglied der Freiwilligen Feuerwehr Hitzacker ernannt.
Am 28.05. 1926 waren 17 Kameraden sechseinhalb Stunden in Pinnau im Einsatz.
25.06. 10 Kameraden zweieinhalb Stunden in Pussade.
26.08. Entstehungsbrand in der Faßfabrik Siegfried in Marwedel.
10.09. Scheunenbrand beim Vorbesitzer Bischoff in Tießau.
24.10. Brennendes Anwesen bei Fuhrmann Grasmeyer in Marwedel.
In diesem Jahr kommen die ersten "Minimax" Schaumgeneratoren auf den Markt.
Der rote Hahn ließ auch 1927 keine Ruhe:
31.03. Schadenfeuer in Dannenberg
29.06. Brennendes Anwesen bei Bauer Fritz Jaß in Sarchem.
25.09. Schadenfeuer im Wehsakschen Haus in Marwedel.
In den goldenen zwanziger Jahren kam es zu einem handfestem Streit zwischen der Freiwilligen Feuerwehr und dem Magistrat. Der angewiesene Platz zum Bau des neuen Spritzenhauses in der Sandkuhle unterhalb des Osterberges (heute Osterberggrund) erregte die Gemüter der Feuerwehr, die Führung der Wehr hatte an den Platz der heutigen Grundstücke Sudrow und Schmieta in der Lanke gedacht.
Der Dienst wurde aber nicht vernachlässigt und es wurde unter anderem ein "Minimax-Stoßtrupp" gegründet und ausgestattet.
Bei einer Übung wurde Wilhelm Knigge zum Obersteiger gewählt.
15.04. 1928 Gebäudebrand in Gosewerder
17.12. Scheunenbrand beim Hofbesitzer Reinke in Wietzetze.
Der Minimax-Stoßtrupp hatte seinen ersten Einsatz bei einem Brand eines "Benzinwagens" auf der Chaussee Metzingen-Dannenberg.
Aufgrund des Streites um den Standort des künftigen Spritzenhauses wurde eine Reihe von Versammlungen abgehalten:
Am 10.09. kommt man zu dem Entschluss, das der Platz in der Sandkuhle am Elektrizitätswerk nicht zukunftsweisend ist, und man noch einmal Rücksprache mit dem Magistrat halten will.
Bei der nächsten Versammlung am 17.09. wurde bekannt, das keine Einigung mit der Vertretung der Stadt erzielt werden konnte.
Hauptmann Ludophs legte sein Amt nieder und Vizehauptmann Wilhelm Bartels wird bis auf weiteres von der Wehr als Führer bestätigt.
Gleichzeitig beschließt die Wehr mit 28 Ja, 2 Nein und 1 ungültiger Stimme, die Feuerwehr zum 20.03.1929 aufzulösen.
Das Jahr 1929 beginnt mit einer ausserordentlichen Versammlung, unter Leitung von Hauptmann Bartels, am 20.01..
Als Vertreter des Magistrats waren Bürgermeister Stahlbock und Senator Ernst August Radel erschienen. Dem ehemaligen Hauptmann Ludolphs wird schriftlich bestätigt, das er sich in der Spritzenhausfrage nicht wehrschädigend Verhalten hat. Bürgermeister Stahlbock hält einen längeren Vortrag und bittet die Wehr, ihre Kündigung zurückzuziehen und weiterhin ihren Dienst zu versehen. Auf Antrag wird diese Frage bis zur nächsten Versammlung zurückgestellt.
Am 19.03., am Tag vor dem angekündigtem Auflösungstermin, findet die nächste Versammlung, mit nur einem Tagesordnungspunkt, der möglichen Rücknahme der Kündigung, statt. Die Abstimmung brachte folgendes Ergebnis: 8 Kameraden Ja, 12 Kameraden Nein, 3 Stimmen ungültig.
Wörtlich aus dem Protokoll: Es ist gegen die Auflösung der Wehr nichts mehr zu machen.
Folglich wurde die Wehr am 20.03. aufgelöst.
Dieser formale Akt sollte aber das Schiksal der Feuerwehr nicht endgültig besiegeln! Bereits am 26.03. wurde die Feuerwehr wiedergegründet!
Auf dieser Versammlung waren u.a. der Bürgermeister Stahlbock und der Vorsitzende des Jeetzel-Feuerwehrverbandes, Herr Lühring aus Wustrow, anwesend.
Anschließende Wahlen bestimmten Carl Ludolphs zum Brandmeister und Wilhelm Bartels zu seinem Stellvertreter. Weiterhin wurde Wilhelm Knigge zum Zugführer und Gustav Pröhl zum Obersteiger gewählt.
Zu diesem Zeitpunkt musste die Versammlung unterbrochen werden, die Wehr rückte zu einem Großbrand nach Strachau aus.
Das Gehöft von Schlie, die Scheune von Strampe und die Scheune von Breese standen in Flammen.
Durch entschlossenes Eingreifen der Mannschaften gelang es, die unter Flugfeuer liegende Scheune des Hofbesitzers Thiede zu halten und mehrere Schweine aus dem Stall von Schlie zu retten.
Am 29.03. wurde die Wehr zum Brand einer Scheune zum Gutshof Banke gerufen und am 31.03. folgte ein Einsatz bei einem Scheunenbrand in Wietzetze, dort beim Gastwirt Daasch.
Hitzacker, den 6. April 1929.
Die am 26.03. unterbrochene Versammlung wird neu einberufen und die Einteilung der Wehr wird vorgenommen.
In den Aufzeichnungen werden folgende Funktionen mit namentlich genannten Kameraden aus allen erdenklichen Berufssparten besetzt:
21 Mann “Spritzenmannschaft”, 9 Mann “Steigerkorps”, 3 Mann “Hornisten”; womit incl. der bereits erwähnten 4 Funktionern eine Personalstärke von 37 Kameraden ausgewiesen wurde.
Zeitgleich werden aus den vorgenannten Mitgliedern die Spezialeinheiten:” Minimaxstosstrupp” mit 5 Mann, und eine “Sanitätsabteilung” mit 3 Mann, aufgestellt.
Es ist zudem dokumentiert, das der Schneidermeister Wilhelm Haul zum Zeugwart und der Bäckermeister Karl Schulz zum Schriftwart und Kassierer wurden.
Die erste Hilfeleistung des Sanitätstrupps war am 24.September erforderlich.
Der Kamerad Breese hatte einen Arbeitsunfall und wurde mit dem Beyerschem Auto ins Krankenhaus nach Dannenberg gebracht.
(Kamerad Ernst Beyer verfügte als Autoschlosser und Inhaber einer Werkstatt offensichtlich über eines der wenigen Autos dieser Zeit)
Der Minimaxstosstrupp löschte am 31.12. einen Entstehungsbrand im Pfarrhaus.
Hintergrundinfo:
Die 1902 gegründete Firma Minimax ist 1906 weltweit die Nummer 1mit mobilen Feuerlöschern. 1926 kommen die ersten Schaumgeneratoren auf den Markt.
Leider ist in den Aufzeichnungen unserer Feuerwehr kein Hinweis darauf zu finden, ab wann und welche Gerätetypen seinerzeit verwendet wurden.